Enid Blyton arbeitet in allen ihren Geschichten - so auch in den Fünf Freunden - immer wieder mit den selben Stereotypen
Allgemeine
- Dicke, mollige Köchinnen, Verkäuferinnen, Bäckerinnen und Bäuerinnen, Haushälterinnen, aber auch die Töchter davon
- Unrasierte, schlechtriechende, unhöfliche, grobe und einfältige Verbrecher, die sich von Kindern sehr leicht an der Nase herumführen lassen
- Vergeßliche, schusselige Professoren
- loyale, patriotische, dienstbeflissene und "gentleman"-Militärs
- obligatorisch und fast in jedem Buch erw�hnt: die 5 o'clock Tea-time
Hauptpersonen
Aber auch die Hauptpersonen lassen sich generell in fünf Gruppen unterteilen:
- geborener Anführer, zuverlässig, verantwortungsbewußt: Julian
- jüngerer, hitzköpfiger, unterhaltsamer, sympathischer zweiter Junge: Dick
- entschlossenes, mutiges, starkes, jungenhaftes Mädchen: George
- jüngeres, sanftes Mädchen, das aber immer bereit ist, mit den anderen gleichzuziehen: Anne
- und immer ist ein Tier mit von der Partie: Timmy
Diese Klassifizierung läßt dem
Leser die Wahl, sich mit einer Rolle zu identifizieren. Auch auf solchen
Tatsachen beruht die unglaubliche Beliebtheit der Enid-Blyton-Bücher.
Dazu gehören aber auch eine klare Trennung zwischen Gut und Böse,
der leicht lehrmeisterliche Stil in den Büchern, mit dem die Autorin
den Lesern die Konsequenzen falschen Tuns vor Augen führen möchte.
Da einzelne Charaktere in den Geschichten - insbesondere Anne und Dick - kaum eigene
Highlights haben, f�gt Enid Blyton immer wieder Gastcharaktere ein, die etwas
Besonderes oder Au�ergew�hnliches an sich haben. Dazu geh�ren oftmals Randgruppen
wie Zigeuner und fahrendes Volk.
Freiräume für Kinder
Der Erfolg von Blytons Detektiv- und Abenteuergeschichten ist, daß stets Kinder, nie Erwachsene die Hauptfiguren sind, die selbständig handeln, und Kriminalfälle ohne Bevormundung Erwachsener lösen.Enid Blytons Kunst- oder Wunschwelt ermöglicht Kindern den Ausbruch aus dem Alltag, aus der Welt der Erwachsenen, ohne daß die Strukturen oder Hierarchien der Erwachsenenwelt in Frage gestellt würden. Es kann für junge Leser keine Irritationen geben, denn "die Fünf Freunde brechen aus der Welt der Erwachsenen aus, ohne in Konflikt mit ihr zu kommen, da sie selbst bereits kleine, angepaßte Erwachsene sind; es ist ein Ausbruch ohne Risiko. Dem kindlichen Leser wird damit suggeriert, daß seine Wünsche nach Abenteuer und Unabhängigkeit und die Anpassung an die Welt der Erwachsenen konfliktlos miteinander vereinbar sind".
Landschaften
In allen Serien dominieren archetypische Landschaften: Berge, Fl�sse, Inseln, Hütten und Burgen. Diese sind gef�llt mit gesunden B�umen, mit bl�henden Blumen und gespickt mit Schmetterlingen, Pferden, K�hen, V�gel, Hirschen, Hasen, Igeln und anderen Tieren.
H�hlen
Ob wohl Enid Blyton selbst mal in einer H�hle �bernachtet hat? Dies ist ja ein Thema, mit dem nicht nur die F�nf Freunde, sondern auch die Kinder der Abenteuer-Serie konfrontiert waren, und stets wird dies sehr romantisch beschrieben.In [C] h�rt sich das so an:
Its floor was spread with fine white sand, as soft as powder, and perfectly dry [...]. Round one side of it ran a stone ledge. 'Exactly like a shelf made for us!' cried Anne, in joy.
und in Valley of Adventure (Tal der Abenteuer) - dort allerdings nicht an der englischen S�dk�ste, sondern in den Alpen gelegen - wie folgt:
He went through the hanging fronds and found himself in a dim dry cave, with a fairly low roof, and moss growing on the floor. He felt it. It was dry. [...] There was a ledge running round one side of it, like a bench. [...] 'I shall put our tins of food an that rocky ledge' [said Dinah]
Selber habe ich leider eine solch sch�ne, trockene H�hle mit weichem Boden und Sims auf der Seite noch nie gefunden. Gerade gestern war ich wieder mal in einer H�hle im Valle di Nibbio (Italien), die ich vor 2 Jahren entdeckt und letzten November das erste Mal erkundet habe. Der Boden ist zwar schon trocken, aber sehr steinig (wir sind in den Alpen!). Da� etwas trockenes Laub darauf liegt, macht es nicht weicher. Vor allem aber ist es relativ uneben. Eine einzelne Person k�nnte dort durchaus �bernachten, am besten m�glichst nahe beim Eingang, aber niemals h�tte es gen�gend geeigneten Platz f�r vier Personen, wie es bei den besagten Enid Blyton-Sequenzen der Fall ist. Besonders gem�tlich ist es jedenfalls nicht, und der ber�hmte Sims fehlt auch.
Aber vielleicht kennt jemand hier eine H�hle, die der Literaturvorlage n�her kommt?
Weltansicht
In allen Serien, bei den Fünf Freunden
gleich in vier Büchern, erwähnt Enid Blyton den sonntäglichen
Kirchengang. Sie beschreibt die Geschlechtertrennung zu ihrer Zeit und
führt sie ziemlich intensiv in ihre Bücher ein; die Freunde gehen
auf unieducative Internate, sie schlafen immer in zwei Zelten, zwei Ecken
oder zwei Zimmern... Bei den Fernsehserien wird darauf nicht mehr allzu
viel Wert gelegt.
Auch wenn die ideologische Weltsicht der britischen Autorin in ihren
Büchern bearbeitet worden und ihr bekennender Patriotismus in den
Übersetzungen herausgenommen worden ist, und auch wenn neuerdings
die verbliebenen Rassismen sowie das konservative Frauenbild gemildert
worden sind, so spiegelt sich nach wie vor ein konservativ-autoritäres
Gesellschaftsbild wieder. Die Struktur des Verhältnisses von Kindern
zu Erwachsenen oder die Verhältnisse innerhalb von Kindergruppen sind
autoritär-hierarchisch. Es gibt keinen Diskurs, keinen Abgleich von
sich widersprechenden Interessen.
Geschlechteransichten
Bei der Geschlechterverteilung geht Enid Blyton eindeutig auf Konfrontation mit
der Zeit. Sie scheint eine Bessessenheit zu haben, M�dchen in Jungen zu
verwandeln oder ihnen deutlich jungenhafte Z�ge zu geben. Georgina ist nur die
Spitze und mit der "Hauptfigur" der F�nf Freunde auch die am deutlichsten
ausgepr�gte.
Aber auch Jo, das Zigeunerm�dchen, agiert st�rker wie ein Junge, will auch
ungern R�cke anziehen und ist ein echter Wildfang. Aber sie mag Dick sehr gern.
"Jo" kann im Englischen sowohl m�nnlich als auch weiblich sein.
In F�nf Freunde im Nebel ist das Pferdeliebende M�dchen Henrietta
ebenfalls lieber ein Junge "Henry" und liefert sich mit Georgina zu jedermanns
Vergn�gen im Rittstall einen Streit um den besten "Jungen". Au�enstehende
w�rden dieses Verhalten als �u�erst m�dchenhaft, wenn nicht gar zickig, anstatt
m�nnlich und jungenhaft halten.
In F�nf Freunde und das Burgverlies ist das Zwillingsm�dchen Harriet,
das ihrem Bruder "Harry" wie ein Ei dem anderen erscheinen will, die
kurzhaarige und mit Jungenkleidung bekleidete "Harry".
George fragt erstaunt "Das sind gar nicht zwei Jungen? Ich kann sie gar nicht
unterscheiden." und Dick sagt zu dieser Angelegenheit "Komisch, da� manche
M�dchen unbedingt Jungen sein wollen." Leider l�st Dick das Problem f�r uns
ebenfalls nicht.
In F�nf Freunde jagen die Entf�hrer wird das M�dchen Berta Wright
gezwungen, sich als Junge zu verkleiden und sich Lesley rufen zu lassen, um zu
verhindern, da� sie entf�hrt wird.
Als Engergebnis bleibt Anne als so ziemlich einziges "echtes" M�dchen der
gesamten Serie! Man sollte meinen, da� gerade Anne in gr��ter Gefahr steckt,
entf�hrt zu werden. Hier aber hat Enid Blyton ein Problem: Anne mu� in der
gesamten Serie nicht einmal eine ernsthafte Gefahr alleine ausstehen - statt
dessen wird George mehrfach entf�hrt!
Offensichtlich mag Enid Blyton "starke" M�dchen - aber wie steht es mit
"schwachen" Jungs:
In F�nf Freunde geraten in Schwierigkeiten mu� Richard Kent erst mutig
sein und sich im Kofferraum des Autos bew�hren, bevor er von den F�nf Freunden
akzeptiert wird.
In F�nf Freunde im Zeltlager weint Cecil Dearlove nachdem er mit Jockl
Indianer gespielt hat.
So - also d�rfen M�dchen M�dchen oder Jungs sein, aber Jungen sollten immer
"echte" Jungen sein wie Dick oder Julian.
Auff�llig ist auch, da� keinerlei Sexualit�t in der Serie stattfindet, sogar
unter der Erwachsenen. So ist keinerlei Z�rtlichkeit zwischen Fanny und Quentin
dokumentiert, zwischen den Eltern von Julian, Dick und Anne, und auch nicht bei
anderen Ehepaaren, die im Laufe der B�cher auftauchen. Da die Kinder untereinander
verwandt sind, kann es innerhalb der Gruppe keine innigere Freundschaft geben
(wie z.B. bei TKKG die zwischen Tim und Gaby). Aber auch die "Freundschaft"
zwischen Jo und Dick h�tte �ber eine Kameradschaft hinausgehender Freundschaft
werden k�nnen. Dies h�tte erkl�ren k�nnen, wieso Jo mehrere Abenteuer mit den
F�nf Freunden verbringt...
Einzig in der Verfilmung von 1996 gibt es ein paar Szenen in Richtung
Zuneigung: So schw�rmt George f�r den Testpiloten Jeff.
Ähnlichkeiten mit anderen Werken
Die Handlungen der einzelnen Serien sind in sich sehr ähnlich, zum Teil
erinnern sie aber auch an andere literarische Werke. Es geht hier nicht
um "abschreiben", Abklatsch oder �bernehmen ganzer Handlungsstr�nge, sondern
�ber Verhaltensmuster, die beim Leser eine bestimmte Spannung oder
Erwartungshaltung erzeugen. Sie sind meist allgemein gehaltene
stereotypische Stilelemente:
In [A]
werden die Elemente "Mythos Schatzinsel", "Schatzkarte" und
"Wettkampf mit den B�sen gegen die Zeit" benutzt, die auch den Reiz von
Louis Stevensons Schatzinsel ausmachen. Einige ausf�hrliche
unter Mythos Schatzinsel. W�hrend Jim Hawkins in der
"Schatzinsel" allerdings mehr oder minder als einziger Jugendliche in einer
Erwachsenen-(M�nner)welt ist, sind bei den "F�nf Freunden" die Kinder alleine
die Helden in einer vom Einflu� Erwachsener praktisch freien Welt.
Der Diebstahl hochbrisanter Dokumente/Gegenst�nde, die um jeden Preis wiedererlangt werden
m�ssen, um nicht in die H�nde der B�sen zu gelangen, bringen �hnlichkeiten zu
Ian Flemings James Bond auf:
Fünf Freunde als Retter in der Not - Feuerball
Fünf Freunde wittern ein Geheimnis, Fünf Freunde helfen ihrem
Kameraden - In t�dlicher Mission (For Your Eyes Only).
Insbesondere Fünf Freunde helfen ihrem Kameraden
zeigt eine gewisse �hnlichkeit zum Handlungsverlauf der ebenfalls recht
stereotypen James-Bond-Handlung auf: Ein Handlanger des B�sewichtes (hier Jo,
bei James Bond meist ein h�bsches M�del, wie z.B. Tiffany Case in
Diamantenfieber oder Domino in Feuerball) wird von dem/den Guten auf
die Seite des Guten gef�hrt, riskiert im weiteren Verlauf der Geschichte meist
mehr f�r die Gute Sache als die Guten selber und wird gegen Ende daf�r belohnt.
F�r dieses Handlungsmuster wird es in der Literatur bestimmt mehrere Beispiele
aus allen Epochen geben.
[Anmerkung: Bond wurde nach den Fünf Freunden geschrieben!]
Ansonsten kann man noch �hnlichkeiten bei Kinder- und Jugendgruppen wie den
Pfadfindern finden, wo auch (mehr oder weniger) gleichaltrige Kinder �berwiegend
Outdoor-Aktivit�ten wie zelten, auf dem offenen Feuer kochen, Karten lesen und
dabei Gemeinschaft praktizieren.